In der Stadt Kayseri und weiteren Orten in der Türkei kam es zu Pogromen gegen Syrer und syrische Geschäfte. Nachdem in sozialen Medien die Nachricht über sexuelle Gewalt eines Syrers gegen ein Kind (ebenfalls syrisch) die Runde machte, griffen Extremisten in der Nacht zum Sonntag syrische Geschäfte an. Auf Straßen wurde Jagd auf Syrer gemacht. Sogar Kinder wurden attackiert. Selbst eine Koranschule wurde geschändet.
14 Polizisten und ein Feuerwehrmann seien verletzt worden. Über syrische Opfer wird geschwiegen. Die Regierung verhängte eine Nachrichtensperre über die Ereignisse. Offiziell, um die Gewalt einzudämmen. Inoffiziell ist aber klar, die regelmäßigen Angriffe auf Ausländer sind ein extremer Image-Schaden.
474 Angreifer seien festgenommen worden, sagte Innenminister Yerlikaya. „Das Zuhause von Menschen, ihre Verwandten oder Straßen niederzubrennen, ist inakzeptabel; egal, wer sie sind“, so Präsident Erdogan.
Syrische Flüchtlinge werden oft zum Sündenbock für die wirtschaftliche Misere. Ihnen wird – wie türkischen Einwanderern in den 80ern und 90ern in Deutschland – der Ruf von rumlungernden, frauenbelästigenden, stehelenden Fremden angelastet. Hetze gegen Syrer erwies sich als erfolgreich im Wahlkampf. Der Bürgermeister von Bolu etwa ließ Syrer zeitweise das Zehnfache für Wasser zahlen und wurde wiedergewählt. Platter Populismus wie „sie sollen dankbar sein, dass wir sie aufgenommen haben“ und „warum kämpfen sie nicht“ ist an Stammtischen normal.
Seit 2022 hat die türkische Regierung Tausende von Syrern zwangsweise in die von der türkischen Armee kontrollierte Gebiete in Nordsyrien abgeschoben, um den innenpolitischen Druck zu mildern. Die Opposition aus CHP und IYI forderte mehrmals lautstark die Ausweisung aller Syrer. Die Regierungskoalition aus AKP und MHP versprach die „freiwillige Rückkehr“ der meisten. Keine große Partei wirbt aber offen dafür, ein Einwanderungsland zu sein.
Kayseri ist kein isolierter Vorfall. Es ist die Fortsetzung eines langanhaltenden Rassismus, dem schlichtweg bis heute nicht genug und vor allem keine kluge Strategie entgegengesetzt wird.