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“Influencer gegen Israel :Tarek Baé und sein islamistisches Netzwerk”? So ein Unfug!
Berlin. Es ist Dienstag, der 9. Januar. Ich bekomme eine Mail. Es ist ein Leak. Ein Whistleblower. Ein Mitarbeiter des ZDF sagt, ein Beitrag über mich soll online gehen. Er schäme sich, dass so etwas überhaupt passieren könnte. Im Anhang befindet sich eine pdf-Datei, „Tarek Baé und sein islamistisches Netzwerk“. Ein Hetzbeitrag, ein klassisches Hit-Piece. Ich soll komplett diskreditiert werden. Und das nicht – wie üblich – auf rechtsextremen Portalen oder in von Rassismus profitierenden Klatschblättern wie Bild, Welt oder Tagesspiegel, nein, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, im ZDF. Wie praktisch also, dass ich eine Quelle habe, die mir den jetzt schon wohl handwerklich miserabelsten ZDF-Beitrag des Jahres frühzeitig zugespielt hat. Denn so kann ich ihn auseinandernehmen und nebenbei vorführen, welchen Tiefpunkt an Niveau das ZDF im Umgang mit Muslimen erreicht hat. Das Timing ist eindeutig: Meine Berichterstattung über israelische Verbrechen gegen palästinensische Zivilisten soll überschattet werden.
Kurz zum Hintergrund. Der Beitrag stammt von einer Ninve Ermagan. Ich kenne die Autorin nicht. Sie soll gegenüber jemandem behauptet haben, sie hätte ein persönliches Problem mit mir. Interessanter Anspruch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Genau genommen, ein Skandal. Wie persönliche Animositäten, die – das möchte ich erneut betonen – einseitig sind, zu einem kompletten Hetzbeitrag gegen einen Menschen führen können, von Gebühren finanziert, wird den Presserat beschäftigen müssen. Ich möchte hier jedoch gar nicht zu sehr auf Ermagan eingehen. Sie ist laut Spiegel Jahrgang 1998, sie kann zu diesem Zeitpunkt also 25 oder höchstens 26 Jahre jung sein. Und in dem Alter kann man Fehler machen. Es ist klar, dass sie diesen Beitrag schreiben musste. Und vielleicht weiß ich ja auch, wer sie dazu beauftragt haben könnte.
Ich veröffentliche diese Antwort, die – da möchte ich uns als Itidal-Team mal auf die Schulter klopfen – ein gelungener Auftakt für unsere neue Webseite und ein Denkzettel an das ZDF und die versammelte deutsche Medienlandschaft ist, nicht nur, um ein Zeichen zu setzen. Sondern auch, um mit allen gängigen Vorwürfen, wie z.B. ich wäre ein türkisches U-Boot Erdogans oder türkischer Rechter, oder Muslimbruder, oder Islamist oder sonst wie Schurke, glasklar zu widerlegen.
Ein unabhängiger muslimischer deutscher Journalist nimmt einen Hetzbeitrag des öffentlich-rechtlichen Mediums ZDF auseinander, bevor das ZDF diesen überhaupt veröffentlichen konnte. Ich muss zugeben, ich kann mir das Grinsen nicht verkneifen. Auch wenn dieser Angriff auf mich nichts geringeres als ein Angriff auf die Pressefreiheit ist. Und dementsprechend ernst genommen werden sollte. Na, wird es Solidarität von Kolleginnen und Kollegen in der Presse geben? Wie dem auch sei.
Macht euch einen Tee und genießt die Show. Gehen wir den ZDF-Text Satz für Satz durch.
„Tarek Baé ist derzeit der wohl bekannteste deutsch-muslimische Polit-Influencer.“
Ein Influencer ist eine Person, die Geld von Unternehmen für die Bewerbung bestimmter Inhalte auf ihren eigenen Auftritten auf sozialen Medien erhält. Ich bin dementsprechend kein Influencer. Sondern Journalist. Aber dazu kommen wir gleich. Umso falscher ist natürlich auch „Polit-Influencer“, denn ich erhalte auch keinen Cent von einer Partei oder politischen Institution. Falls das ZDF sagen möchte, dass ich in dem Themenfeld Politik eine der einflussreichsten Personen bin, dann danke? Komische Art, Respekt zu zollen, aber ok.
„Auf Instagram folgen Ihm 300.000 Accounts. Selne Beiträge befassen sich mit Rassismus und dem musilmischen Alltagsleben.“
Ich befürchte, das ist der einzig korrekte Punkt im Text. Merkt euch diesen. Ja, ich beschäftige mich mit muslimischem Alltagsleben in Europa. Sehr wichtige Feststellung.
„Doch seit Jahren unterhält Baé Verbindungen zu islamistischen und türkisch-rechtsextremen Gruppierungen“
Und schon geht es los. Ihr hättet mich ruhig vorher zum Essen ausführen können. Aber ok, legen wir los. Zeitweise wurden 80 % aller Moscheen in Deutschland, beziehungweise die Verbände in denen sie organisiert sind, von Verfassungsschutzbehörden beobachtet oder im Sinne einer Beobachtung wegen „Islamismus“ geprüft. Stichwort: „Islamismus“. Das ist einer der erwähnenswerteren Gründe dafür, dass ich den Begriff „Islamismus“ – wie viele andere Wissenschaftler in dem Bereich – kritisch sehe. Er lässt sich aufgrund seiner fehlenden juristischen Definition auf alles und jeden anwenden. Und das kann natürlich auch zu Unrecht stigmatisieren. Denn auch „islamistische“ Terroristen werden unter „Islamisten“ zusammengefasst. Googelt man nach Islamisten, erhält man zahlreiche Ergebnisse, die gewaltbereite, extremistische Kriminelle beschreiben oder abbilden. Und das ist ein schwerwiegender Vorwurf, gegen den man sich – wie gesagt – nur schwer wehren kann. Kommen wir aber zurück zum vorhin wahrscheinlich einzig korrekten Satz: Ich beschäftige mich mit dem muslimischen Alltagsleben. Und ich würde behaupten, ich habe mir einen einzigartigen Zugang erarbeitet. Das nennt man Quellen haben. Ein Kernelement des Journalismus. Natürlich habe ich Kontakte in jeden einzigen Moscheeverband in Deutschland. In manche mehr, in manche weniger. Sich die Verbände rauszupicken, denen man beliebte Vorwürfe machen kann, ist bestenfalls bequem. Schlimmstenfalls aber verzerrend. Man könnte nämlich auch erwähnen, wie gut meine Verbindungen zu der Islamischen Gemeinschaft der Bosniaken ist oder zur Union der Islamisch-Albanischen Kulturzentren. Ich habe auch nicht nur Kontakte zu muslimischen Gemeinden. Aber all das passt nicht ins Schema beim ZDF.
„Zurzeit dreht sich aber last alles um den Nahost-Konflikt, Israel wirft er “Apartheid” und einen “Ganozid” am palästinensischen Volk vor, “Israel ist ein rassistisches System”, betont Baé immer wieder und postet Videos, die das Leid in Gaza aufzeigen.“
Kool Savas würde wohl fragen: Wo ist jetzt der Diss? Aber auch diese Behauptung ist dann doch eher zu belächeln. Denn tatsächlich zitiere ich Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International, die Israel vorwerfen, eine Apartheid zu sein. Das ist schon ein grundsätzlicher Unterschied zu „Israel ist eine Apartheid“. Und auch zu anderen Fragen wie dem systematischen Rassismus in Israels Besatzungssystem könnte man ja erwähnen, auf wen ich mich beziehe. Zum Beispiel auf die Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch. Aber dann müsste man ja in eine inhaltliche Tiefe gehen. Das soll der Beitrag des ZDF offenkundig aber nicht. „Tarek Baé behauptet“ als Darstellung eignet sich besser zur Markierung als böser Meinungsmacher.
„Der studierte Medienwissenschaftler arbeitete laut eigenen Angaben von 2014 bis 2018 als Redakteur für die “Islamische Zeitung”, Fredmann Eißler, Islambeauftragter der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, rechnet das Medium einer “modernen Kalifats-Bewegung* zu. Sie verbinde eine “Mischung aus Antikapitalismus, auch deutlich antisemitischen Tönen” und “Anti-Imperialismus“.
Es ist immer interessant, was so als „eigene Angaben“ eingeleitet wird. Klingt so schön nach einer undurchsichtigen Vergangenheit. Und nicht nach einer normalen Biografie. Denn ja, ich war Redakteur der Islamischen Zeitung. Das ist ein bekannter Fakt. Steht z.B. auch im Handbuch Islam des Mediendienst Integration. Aber interessant, was ein „Islambeauftragter“ so sagt. Was das zu meiner Sache tut? Ja, nichts. Man wird vergeblich nach Artikeln von mir suchen, die antikapitalistisch, anti-imperialistisch oder antisemitisch sind. Aber warum auch einen Journalisten, nein, einen Menschen nach seinen eigenen Ansichten, Worten und Veröffentlichungen bewerten, wenn man das auch über abstrakte Assoziationsketten abfertigen kann?
„Auch im Umfeld der türkischen Regierungspartei AKP und in türkisch-rechtsextremen Organisationen scheint sich Baé wohlzufüllen. Zeitweise arbeitete ar nach eigenen Angaben für die AKP-nahe Seta-Stiftung. bar Stiftung wurde in der Vergangenheit vorgeworfen, Erdogan-Kritiker zu denunzieren. Auch danach pflegte Bae weiter Kontakte zu AKP-Politikern und Ditib-Funktionären.“
Ach, „scheint“ Baé das? Interessant. Wie deckt sich das damit, dass Baé, sorry, ich mich kritisch mit der AKP auseinandersetze? Oder dass ich türkischen Rechtsextremismus kritisiere? Insbesondere zu Flüchtlingsfeindlichkeit in der Türkei gibt es von wenigen Journalisten in Deutschland so viele Beiträge wie von mir. Und ich habe dem Thema Rassismus in der Türkei in meinem Buch „Die neuen alten Deutschen“ viel Beachtung geschenkt. Aber gut, wir wissen an dieser Stelle ja mittlerweile, dass es in dem zdf-Text nicht um mich geht. Nicht darum, wer ich bin. Sondern darum, wer ich sein könnte. Wer ich in den Augen der Mehrheitsgesellschaft sein soll. Der Auftrag hinter dem Text: „Meidet den islamistischen Schurken!“
„Zeitweise arbeitete Baé nach eigenen Angaben für die AKP-nahe Seta-Stiftung. Baé Stiftung wurde in der Vergangenheit vorgeworfen, Erdogan-Kritiker zu denunzieren. Auch danach pflegte Bae weiter Kontakte zu AKP-Politikern und Ditib-Funktionären.“
Ich habe für wenige Monate eine Teilzeitstelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Stiftung SETA bekleidet. Ob ich mich dazu schon mal geäußert habe? Ja, klar. Warum das im ZDF-Text nicht erwähnt wird? Das wird wohl ein Geheimnis bleiben. Bei SETA habe ich doch sicher Propaganda für Erdogan und die AKP betrieben, oder? Nein? Nicht mal ein bisschen? Ein klitzekleines Hetzerlinchen? Nein? Sorry, so ist es nunmal. Ich war der wahrscheinlich schlechteste verlängerte Arm Erdogans, den er in seinem legendären Arsenal an 4582 verlängerten Armen hat. Ich habe bei SETA zwei Texte geschrieben. Einen unglaublich langweiligen wissenschaftlichen Text zur Pressefreiheit in Deutschland und einen kurzen Text zu Angriffen auf Moscheen. Ich habe die Stelle damals übrigens aus akuter Geldnot angenommen. Und ich schäme mich nicht, das auszusprechen. Ich war jung und naiv. Und verdammt pleite. Ich habe mir die Hoffnung eingeredet, ich könnte für die Interessen von deutschen Muslimen, nämlich z.B. weniger Einflussnahme aus der türkischen Regierung, in Ankara werben. Das hat offensichtlich nicht funktioniert. Ich möchte mich an der Stelle dafür entschuldigen, dass ich Fehler mache und nicht alle meine leichtsinnigen Ziele erreicht habe. Ich werde zukünftig versuchen, ein perfekter Übermensch zu werden. Einverstanden, ZDF? Ich habe SETA übrigens auch im Laufe des SETA-Beitrags über Journalisten, den ich auch kritisiert habe, verlassen. Weil ich in erster Linie immer Journalist war und meine Solidarität mit Journalisten niemals unterordne. Warum solche Solidarität wichtig ist, sieht man am ZDF-Beitrag. Was ist an dem Text denn anders als der SETA-Bericht? Er markiert (einen) Journalisten. In dem Fall mich. Auf perverse Weise.
„Als Redner trat er mehrfach beim türkischen Islamverband Atib auf.“
Ich war für Workshops und Vorträge in diversen Moscheevereinen diverser Moscheeverbände. Ich gebe zu, ich habe dort offen dazu aufgerufen, heimlich für Erdogan zu arbeiten. Ok, nein, habe ich nicht. Aber so wirkt es jetzt, oder? Warum es so wirkt? Weil unerwähnt bleibt, worüber ich gesprochen habe: Medien, Muslime in Deutschland, antimuslimischen Rassismus und Antisemitismus. Das sind meine Themen. Und ich lasse mir nicht verbieten, mit der Moscheejugend in Kontakt zu sein, sie aufzuklären und zu recherchieren, worüber Jugendliche so sprechen und nachdenken. Das ist mein Job und ich bin jederzeit bereit, diese Entscheidung und die Jugendlichen, die meistens nichts mit den vorgeworfenen strukturellen Zugehörigkeiten zu tun haben, zu verteidigen. Also, nächster Versuch.
„Auch zum Präsidenten der Islamischen Föderation Berlin unterhält Baé Kontakte – in diesem Dachverband sind auch die Moscheen der “Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs” (IGMG) Mitglied.“
Krass, Tarek Baé hat Kontakte zu dem Ansprechpartner der Hauptstadt, wenn es um muslimische Angelegenheiten geht? Die selben Ansprechpartner, die z.B. zuständig sind für Seelsorge an staatlichen Behörden wie Gefängnissen. Die selben Ansprechpartner, die Lehrerinnen und Lehrer ausbilden? Wie kann er nur? Und hier zeigt sich, der Ton der antismuslimischen Verschwörungstheorie in dem ZDF-Text eindrucksvoll. Weil ich Muslim bin, macht mich das auf irgendeine Weise verdächtig. Dass die Politik, die Landeskirchen, die Medien, die Zivilgesellschaft, die Wohlfahrtsverbände, die Behörden und sonst wer mit dem Präsidenten der Islamischen Föderation Berlin sprechen, ist in ihren Fällen nicht schlimm. Es führt aller höchstens zum Vorwurf, zu naiv im Umgang mit den angeblich bösen Muslimen zu sein. In meinem Fall aber wird mir nicht einmal solche Naivität zugestanden, nein, es ist direkt eine mögliche Zugehörigkeit, Nähe oder Sympathie. Dass ich kein Mitglied in der IGMG bin oder auch nicht in ihr sozialisiert bin, spielt hierbei keine Rolle. Die Leserschaft erhält beim ZDF nur den Eindruck. Und das genügt. Das ist Rassismus. Eine beliebige Handlung meinerseits wird anders bewertet als dieselbe Handlung eines anderen Bürgers. Und das nur, weil ich muslimisch bin. Wurde dem besagten Präsidenten der Islamischen Föderation Berlin die Möglichkeit gegeben, sich zu verteidigen, bevor er in dem ZDF-Text als böser Kontakt dargestellt wird? Ich nehme es mal vorweg: Nein. Weil er muslimisch ist.
„In der Vergangenheit versuchte der Influencer Organisationen wie Ditib, Milli Görüs und Atib über seine Profile in den sozialen Medien positiv darzustellen – besonders wenn es um deren Hilfsbereitschaft nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien ging.“
Wieder: Für wen denn influencen? Also, konkret, wer soll das beauftragt oder bezahlt haben? Erneut wird der Eindruck erweckt, es gäbe eine undurchsichtige Agenda. Ein Versuch der Einflussnahme, der Manipulation. Ich berichte. Berichterstattung ist ein weiteres Kernelement des Journalismus. Und Überraschung, die Moscheeverbände machen nicht nur Fehler. Sie tun auch Sinnvolles. Ich würde behaupten, ihre gesamte Alltagsarbeit besteht aus Gutem. Oder mindestens Neutralem. Ich werde selbstverständlich nicht die Moscheeverbände, die nunmal fast alle Moscheen in Deutschland zusammenfassen, nur über ihre Fehler, Schwächen und strukturellen Probleme definieren. Eine Studie der Expertenkommission Muslimenfeindlichkeit für das Bundesministerium des Inneren stellte erst 2023 fest, dass über 90 % der Darstellungen von Muslimen in deutschen Medien negativ konnotiert sind. Das möchte ich in ein gesundes Gleichgewicht bringen. Durch die Zugänge die ich habe berichte ich über Projekte und Entwicklungen innerhalb der muslimischen Community. Zum Beispiel darüber, dass die Moscheeverbände immer unabhängiger vom Ausland werden. Und für diese Berichterstattung schäme ich mich nicht.
„Ein Bild von 2017 zeigt Baé mit Mehmet Albarslan Celebi in Frankfurt am Main, der den rechtsextremen Grauen Wölfen nahestehen soll. In zahlreichen Tweets loben sie die Arbeit des jeweils anderen. Celebi ist in türkisch-nationalistischen Kreisen kein Unbekannter. Seine Eltern haben 1987 den Verband Atib gegründet; Mehmet Alparslan Celebi leitete im Jahr 2000 die Atib-Jugendorganisation und war zwischen 2006 und 2014 im Vorstand der Graue Wolfe nahestehenden Organisation. In einem Interview sagte Celebi: “Atib ist auf jeden Fall eine Ülkücü-Organisation* – wobei “Ülkücü” ein türkisches Synonym für die Grauen Wölfe ist. Im Mai 2021 setzte Celebi in einem Tweet Israel mit dem NS-Regime glaich. Zu diesem Zeltpunkt war er der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Mustime in Deutschland. Der Vorsitzende des ZMD erkärte daraufhin die Zusammenarbeit mit Celebi für endgültig beendet.”
Ganz direkt: Na und? Was genau hat all das mit mir zu tun? Ich bin weder türkischstämmig, noch türkisch-nationalistisch oder irgendeinem Verband angehörig. Ja, ich kenne Mehmet Alparslan Celebi, den ehemaligen Vizevorsitzenden des Zentralrates der Muslime. Er war CDU-Mitglied, wenn ich mich nicht irre. Selbstverständlich kenne ich ihn. Wie soll ich sonst das muslimische Alltagsleben schlüssig abbilden können? Geht es hier um mich oder um Herrn Celebi? Denn entweder hat Herrn Celebi auf wundersame Weise mir gegenüber vergessen, ein böser Rassist zu sein, oder er ist es vielleicht gar nicht? Ich meine, ich bin arabisch, ist das nicht ein Feindbild türkischer Nationalisten? Mehmet Celebi erklärte in einem kritischen Interview auf Telepolis seine eigenen Ansichten. Er kann für sich sprechen. Wann genau kann ich eigentlich über mich sprechen. Also wann soll es in dem ZDF-Text um meine tagtägliche inhaltliche Arbeit gehen? Aber, wenn es schon so interessant ist, wen ich alles kenne: Ich kenne auch Menschen, denen eine Nähe zu verbotenen PKK vorgeworfen wird; oder ukrainische Nationalisten. Und zur marokkanischen Regierung habe ich auch Kontakt. Kontakte und Quellen haben ist so ziemlich das journalistischste was es gibt. Und wenn ihr erst erfahrt, mit welchem Sportdirektor eines Fußballvereins ich dicke bin. Junge, Junge.
„Im Februar 2023 reiste Baé nach Syrien, um über humanitäre Projekte zu informieren. Auf Instagram erwähnte Baé damals auch die Organisation Intak e.V., die ihn dabei “unterstützt” habe, zu diesem Zeitpunkt war nach eigenen Angaben auch Celebi für Infek e.V. in der Türkei im Einsatz. Auf seinem Linkedin-Profil bezeichnete er sich sogar als Mitgründer von Infak, rief dort zu Spenden auf und berichtete von Hilfsaktionen in der Region.“
Meiner Kenntnis nach ist Mehmet Celebi kein Gründer des eingetragenen Vereins Infak. Und falls es nicht bereits aufgefallen ist: Ich weiß solche Dinge offenbar besser als das ZDF. Fun Fact: Die Autorin des amüsant miserablen ZDF-Textes verwechselte den Verein Infak e.V. mit einer gleichnamigen Initiative in Baden-Württemberg, die vom Moscheeverband IGMG ausging, und stellte dann eine Verbindung von Infak e.V. zu einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz her. Bei so grob schlechter Recherche muss man bei der ZDF-Anfrage schlichtweg davon ausgehen, dass das ein Fake oder eine unhaltbare Hetzschrift werden wird. Und, welch Überraschung, es bewahrheitet sich. Eine Mitarbeiterin von Itidal fragte das ZDF, ob die Autorin wirklich für das ZDF arbeite. Die Anfrage ließ das ZDF unbeantwortet. Vielleicht auch, um die Frage, ob das ZDF weiß, wer den Text beauftragt hat, nicht zu beantworten.
Ich bin übrigens allein nach Syrien gereist. Auch so ein Thema, über das man mit mir hätte sprechen können. Es gibt kaum deutsche Journalisten, die nach Syrien konnten. Aber wen interessiert schon ein inhaltlicher Einblick?
„Verbindungen aus dem Umfeld der Muslimbruderschaft. Und Baé hat weitere problematische Verbindungen – etwa zu Gruppen aus dem Umfeld der Muslimbruderschaft. 2018 postet er ein Foto seines Auftritts bei der Jahreskonferenz des Vereins “Deutsche Muslimische Gemeinschaft’ (DIG). “Es war eine gelungene Veranstaltung und ich wünsche dem neuen Vorstand viel Erfolg!” schreibt er dort. Die DMG gilt laut Bundesamt für Verfassungsschutz als die zentrale Organisation der Muslimbruderschaft in Deutschland, In ainem Interview beklagte Baé, dass die Muslimbruderschaft “verzerrt” dargestellt werde.“
Ich bin der Muslimbruderschaft gegenüber kritisch. Im Geheimen? Nein, im Öffentlichen. In demselben Interview, in dem ich angeblich „beklagen“ würde, „die Muslimbruderschaft“ werde „verzerrt dargestellt“. Das ist schlichtweg irreführend. Wollen Sie lesen, was ich bereits 2020 tatsächlich schrieb? In eben jenem Interview? Gern:
Ich muss mich an der Stelle selbst loben. Das war echt einleuchtend. Also für alle Leute, die lesen wollen, was ich wirklich denke. Wer mich diskreditieren will, lässt das weg.
„Bereits 2014 soll Baé im Netz unter dam Pseudonym “Tarek X” islamistische Inhalte verbreitet haben, darunter YouTube/Videos mit Titeln wie “Silvester ist haram* (Silvester ist verboten) oder Gegen Selbstbefriedigung. Die Videos wurden zwischenzeitlich gelöscht.“
Ach, soll Baé das? Ich muss zugeben, so mit den Nachnamen erwähnt werden, als wäre ich eine mystische Erscheinung mit ominöser Vorgeschichte, hat was. Das ist jedoch schlichtweg eine falsche Tatsachenbehauptung. Ich habe mitgewirkt bei einer Facebook-Seite, auf der ich Tarek X genannt wurde. Nicht mehr, nicht weniger. Es wird behauptet, ich hätte 2014 Beiträge auf einer Seite namens „Da3waYourSelf“ verbreitet. Das ist unwahr. Andere Mitglieder der Seite haben Beiträge veröffentlicht. Ich habe selbstverständlich nie „islamistische Inhalte verbreitet“. Ich hatte – selbst als junger Erwachsener – eine kritische Haltung zu der Ideologisierung des muslimischen Glaubens. Ich meine, klar, ich war auch mal ein Dummerchen mit Jugendsünden. Aber lasst uns doch ruhig mehr über eine Zeit spekulieren, in der ich 20 Jahre jung war, als über meine täglichen Inhalte, jetzt 10 Jahre später, zu sprechen. Wie gesagt, diese Mystifizierung als geheimnisvolles Islamisten-Einhorn hat schon einen gewissen Reiz.
„Auch zum “European Muslim Forum” (EMF) soll Baé freundschaftliche Kontakte haben. Ende November 2018 zeigte sich Tarek, Bad mit dem EMF-Präsidenten Abdul-Vakhed Niyazov bei einem Treffen vor einem Gebäude der Europäischen Kommission, die “Well” berichtete über das Treffen. Das 2018 gegründete “European Muslim Forum» gibt sich als neutrales Sprachrohr der europäischen Muslime. Der Islamismus-Experte Heiko Heinisch sieht auf Anfrage von ZDFheute Verbindungen zur Muslimbruderschaft. Der EMF Präsident Abdul-Vakhed Niyazov gilt als ein Unterstützer der Präsidenten Erdogan und Putin und soll enge Kontakte zu rechtsextremen Kreisen in Russland und zum tschetschenischen Machtbar Remzan Kadyrow haben. Auf Facabook feierte Niyazov das Sultanat Brunei für ein Gesetz zur Hinrichtung von Homosexuellen.“
Endlich mal etwas, wovon ich mich nachhaltig distanzieren kann. Habe ich zwar schon, aber ich meide ja keine kritischen Vorwürfe. Im Gegenteil. Ich habe nichts mit Abdul-Vakhed Niyazov zu tun. Er wurde mir vorgestellt von Freunden, die im Sportbereich tätig sind. Sie kannten ihn auch nicht richtig. Er sprach davon, interessiert an Veranstaltungen im Feld Mixed Martial Arts zu sein. Ich habe die Freunde zu dem Zeitpunkt beratend begleitet. Uns wurde später klar, dass Niyazov andere Pläne hat und uns als Teil seiner Pläne darstellte. Wie z.B. im Rahmen seines „European Muslim Forums“ (EMF). Wir haben jeweils erfolgreich durchgesetzt, dass er uns nicht als Teil seines Forums darstellen darf. Nichts da mit “freundschaftliche Kontakte”.
Ich möchte an der Stelle anekdotisch etwas erwähnen, das ich für einen relevanten Kontext halte. Niyazov ist es gelungen, den Imam der Al-Nur-Moschee aus Christchurch (Neuseeland), in der der grausame Terroranschlag geschah, nach Europa zu holen. Kann man nichts machen. Der Imam bat mich darum, in Europa als sein Übersetzer zu fungieren. Und diesem Wunsch habe ich entsprochen. Unentgeltlich, ohne Teil einer Organisation zu sein. Mir persönlich war es wichtig, mit ihm zu sprechen, ihm meine Unterstützung zuzusagen und ihn bestmöglich zu erleichtern. Über diese Erfahrungen mit ihm habe ich mehrmals Inhalte veröffentlicht. Warum ich das erwähne? Weil an dieser Stelle nun klar sein sollte, dass ich einige Erfahrungen und Reisen im Leben hinter mir habe. Manchmal waren es dumme Fehler ohne Nutzen, außer dem Lernen aus ihnen. Und manchmal verbarg sich dahinter eine sinnvolle Sache. Diese wertvollen Tage mit dem Imam, nur wenige Tage nach seinem schrecklichen Erlebnis, waren sehr lehrreich. Und ich bereue sie nicht. Die Kritik für die Nebenschauplätze nehme ich in Kauf.
Natürlich – ihr ahnt es – soll aber auch dieser Absatz mich wieder in ein gewisses Licht rücken. Womöglich Putinnähe. Oder noch bedeutsamer, das Bindeglied zwischen Erdogan und Putin? Ach, sprechen wir es aus. Ich bin George Soros! Sagt es doch gleich. Nennt mich Tarek Rothschild. Lasst doch direkt Viktor Orban ZDF-Texte schreiben. Der internationale Influencer-Islamismus. Ich bins einfach. Das ZDF ist knietief im Muster antisemitischer und antimuslimischer Verschwörungstheorien versunken.
Ganz kurz noch. Das ZDF zitiert Heiko Heinisch als Experten? Den Heiko Heinisch, den die Bridge Initiative der Georgetown University als einen der Wortführer antimuslimischer Verschwörungstheorien in Europa darstellt? Stark, ZDF. Wenn selbst das österreichische Gericht ihn als vermeintlichen “Experten” abserviert, weil er “befangen” sei, muss man sich doch echt fragen, wie eindrucksvoll anspruchslos das ZDF geworden ist.
Und letztlich noch zur angedeuteten Russlandnähe. Man hätte natürlich darauf hinweisen können, dass ich ohne Wenn und Aber Kritik an dem destabilisierenden Einfluss der russischen Regierung auf Deutschland und den Rest Europas berichte. Oder dass ich selbstverständlich den völkerrechtlich illegitimen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine entsprechend einordne. Aber das würde den Eindruck unterbrechen, der der Leserschaft vermittelt werden soll. Der Eindruck nämlich: Alles, was hier über eine dritte Person, in dem Fall Niyazov, gesagt wird, muss irgendeinen Zusammenhang mit mir, Tarek Baé, haben. Wie immer, Quatsch. Kontaktschuld und nichts weiter. Wie das mit diesen Assoziationsketten funktioniert, haben an dieser Stelle ja nun alle mitlesen können. A kennt B, B trifft C und C kennt D und D ist böse, also ist A böse. Ununterbrochen. Hier. In zig anderen Artikeln. In einer gesamten Industrie namens “Islamkritik”.
„Überhaupt möchte Bae derzeit keine kritischen Fragen zu seinen mutmaßlichen Kontakten beantworten. Auf eine umfangreiche Anfrage heißt es: “Aufgrund zahlreicher aktueller Morddrohungen nimmt Tarek Bae keine Anfragen an.” Bae habe sich in seinem Buch bereits zu diesen Themen geäußert – tatsächlich wird dort jedoch auf die fraglichen Organisationen und Vorwürfe nicht explizit eingegangen.“
Erneut kommt der ZDF-Text mit einer falschen Tatsachenbehauptung. Ich beantworte gerne kritische Fragen. Ich meine, wer bis hier gelesen hat, wird gesehen haben, dass ich sogar ziemlich Spaß daran haben kann. Und oft genug auch hatte. Mir wurden aber keine kritischen Fragen gestellt. Es gab keine Anfrage zu mir, schon gar nicht eine umfangreiche. Es waren vier Fragen mit dem sinngemäßen Subtext „rechtfertige dich dafür, ein Bösewicht zu sein!“. Ihr seht den Text des ZDF ja. Geht es in dem Text auch nur ansatzweise um meine echte Person? Um meine Inhalte? Nein, es werden Fotos und Kontakte aus der Vergangenheit vorgelegt, als wäre es ein Verhör. Wofür werde ich verhört? Von wem? Mit welchem Ziel? Ich kann sagen: Wäre ich zu einem Interview eingeladen worden, hätte ich mich jeder kritischen Frage gestellt. In der Erwartung, dass es natürlich nicht nur darum geht, mich zu zerschießen. Denn das ist, was das ZDF hiermit tut. Das ist kein Journalismus. Bin ich das personifizierte Böse? Weil ich Muslim bin? Gibt es nichts Sachliches zu mir zu erzählen? Ich meine, wenigstens wie alt ich bin oder was ich so veröffentliche. Ich habe ein nicht gerade bescheidenes Ausmaß an Output. Das ist sehr viel Inhalt. Und keiner kommt zur Sprache. Ist das nicht unverschämt?
Natürlich stimmt es auch nicht, dass in meinem Buch nicht alles stehen würde, was dem ZDF deutlich machen müsste, wer ich wirklich bin. Aber wie gesagt, warum sollte es schlichtweg nie gehen. Die Vorwürfe im Text waren fertig, bevor ich gefragt wurde. Ich muss hier aber auch eine kleine Niederlage eingestehen. Wenn mein Buch tatsächlich von Anfang bis zum Ende gelesen wurde und danach immer noch so eine hasserfüllte Karikaturisierung rauskommt, habe ich ja mal wirklich auf voller Linie versagt. Oder die lesende Person, die statt Vielfalt und Offenheit was auch immer das hier sein soll gewählt hat.
Übrigens auch eine Glanzleistung des ZDF bei dem Hinweis, dass ein Journalist zahlreiche Morddrohungen erhalten hat, zu denen die Behörden ermitteln, einen Hetzbeitrag über jenen Journalisten zu bringen.
Ich möchte an der Stelle aber etwas Grundsätzliches klarstellen: Ich weiß natürlich, dass es die verschobene Weltsicht von Verschwörungstheoretikern nicht heilen wird, aber es muss eines klar sein. Ich habe eine große Klappe. Das ist vielleicht bereits aufgefallen. Hinter dieser großen Klappe steckt aber Rückgrat. Ich verberge meine Ansichten nicht. Ich stehe zu dem, was ich denke und meine. Vor allem auch, weil ich im Bewusstsein lebe, dass das meiste nicht absolut ist und sich stets wandeln kann. Wenn ich Ansichten habe, kommuniziere ich sie. Das ist mein Job. Zu denken, ich würde etwas verheimlichen, ist absurd. Ich habe keine anderen, geheimen Auftritte auf sozialen Medien, wo ich Islamist bin. Ich betreibe keine geheimen Clubs. Alles, was ich sage, ist öffentlich. Wenn ich der Meinung wäre, die Politik von Erdogan ist sinnvoll, dann würde ich das sagen. Nichts könnte mich davon abhalten. Wenn ich mich der Muslimbruderschaft zugehörig fühlen würde, dann würde ich das sagen. Wenn ich ein türkischer Nationalist sein wollen würde, dann würde ich türkisch lernen und mir sofort eine Handy-Kappe mit Atatürk-Unterschrift holen. Und wenn ich der Meinung wäre, dass Ananas auf Pizza gut schmecken kann, dann würde ich durchaus erwähnen, dass die süß-säuerliche Komponente einen guten Kontrast zu dem fettigen Käse darstellt, auch wenn ich Tradition respektiere. Sehe ich aus, als halte ich meine Ansichten zurück?
„Der Islamwissenschaftler Ahmad Omeirate erklärt im ZDFheute Gespräch, dass der Influencer Beé nach seiner Beobachtung mit seinen Aktivitäten versuche, “islamistische Organisationen in ein positives Licht zu rücken” – und gleichzeitig bekannte säkulare Muslime wie Ahmad Mansour; Seyran Ates und Hamed Abdel-Samad abzuwerten und sie in Nähe der AfD zu rücken. Auf diese Weise versuche er, ihre Krifik: an Islamismus, Ehrenmorden oder Zwangsheiraten zu delegitimieren. kritisiert Omeirate. Das Problem Islamismus redet Bae gezielt klein. In einem Interview betonte er, Begriffe wie “Islamismus” oder “politischer Islam” lehne er als “Kampfbegriffe” ab.“
Ach, Ahmad Omeirate ist Islamwissenschaftler? Seit wann? Interessanter nächster „Experte“. Warum genau sollte ich versuche, „islamistische Organisationen in ein positives Licht zu rücken“? Denkt über diesen Satz, diese Darstellung nach. Was sagt sie aus? Irgendeine subtile Agenda. Ein Geheimplan. Warum aber? Welches Interesse könnte ich daran haben? Islamisierung? Destabilisierung? Ernsthaft, warum? Erneut, weil ich Muslim bin? Kann ich nicht ich sein? Muss ich in Wahrheit etwas Verborgenes sein? Wäre ich jüdisch, wäre mir Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wohl im selben Stil heimliche „Verjudung“ vorgeworfen werden. Verstehen alle, was wir hier eigentlich lesen? Es ist die Verurteilung, nie glaubwürdig sein zu dürfen. „Vertraue ihm nicht, er sagt etwas und meint etwas anderes“. Wo landen wir da? Oder besser gesagt, wo sind wir gelandet? Richtig, im „Islamismus“-Diskurs. Das ist es, was ich bemängle. Ich bin – das kann ich ohne falsche Bescheidenheit sagen – der geeignetere Experte, wenn ich feststelle: Der Diskurs über Muslime, die in der Öffentlichkeit stehen, ist von Verschwörungstheorien geprägt. Es gibt trotz der C(!)DU kein „politisches Christentum“ im deutschen politischen Wortschatz, aber es soll einen „politischen Islam“ geben.
Ich habe als Journalist auch jedes Recht „Islamkritiker“ zu kritisieren. Angefangen dafür, dass es für keine andere Religion eine ganze Industrie namens „Islamkritik“ gibt. Schon mal etwas von „Christentumkritik“ oder „Judentumkritik“ gehört? Nein, nur über Muslime gibt es solche normalisierten Verschwörungstheorien im Mainstream. Sie sind – ich betone erneut – nichts anderes als Verschwörungstheorien. Warum in allen Namen Gottes, sollte ich versuchen Kritik an Zwangsheiraten und Ehrenmorden zu deligitimieren? Wie kommt man auf so etwas? Ich verachte diese Praktiken und habe sie mein Leben lang kritisiert. Wie kann das ZDF mich nicht zu so einer eklatanten Lüge vorher befragen?
Und mal völlig abgesehen davon: Wie kann das ZDF nicht-öffentliche Fotos von mir verwenden, ohne um meine Erlaubnis zu bitten, an denen ich die alleinigen Rechte habe? Sind meine Rechte an mir selbst in den Augen des ZDFs denn wirklich rein gar nichts wert? Das Nervige an all dem ist ja, dass am Ende nur mein Anwalt finanziell davon profitiert. Bisschen Schadensersatz könnte nicht schaden. Wisst ihr, wie viel Spiele für die Nintendo Switch kosten?
„Der Islamwissenschaftler Ahmad Omeirate kommt zur Auffassung: Tarek Baé versucht zu suggerieren, dass die westlichen Medien falsch über den Nahost-Konflikt berichten würden – und er einer der einzigen verlässlichen Stimmen in Deutschland sei.“
Also, es gibt noch einige kluge Stimmen und ich gehöre – weil ich Deutscher bin, ob ihr wollt oder nicht – auch zu den „westlichen Medien“. Aber ja, das stimmt. Entschuldigt, das war also der zweite halbwegs korrekte Satz in dem Text. Herzlichen Glückwunsch, ZDF.
„Ein Beispiel. Baé behauptet die Medien berichteten nicht über die in Gaza getöteten Journalisten. ZDFheute und andere große Medien haben das Thema jedoch wiederholt aufgegriffen.“
Nein, nein. Tarek Baé „behauptet“ das nicht, ich stelle es fest. Ich sage nicht, dass per se über nichts berichtet wird. Ich bemängle die Berichterstattung in expliziten Punkten. Und ich kann anhand diverser Fälle beweisen, dass es so ist. Na, ZDF, traut ihr euch in eine öffentliche Beweisführung mit argumentativem Schlagabtausch? Ein gesundes Streitgespräch. Ich biete es erneut an. Traut euch. Ich bringe originalen Fakher Tabak mit. Den aus Dubai.
Aber abgesehen davon: Worum geht es hier letztlich? Nur darum, mich zu diskreditieren, oder wollt ihr euch verteidigen? Weil ich euch mehrmals kritisiert habe. Ich habe dem ZDF mehrere kritische Anfragen geschickt. Unter anderem habe ich das ZDF gefragt, ob es seine Zuschauerschaft darüber informieren will, dass die im ZDFheute ausgestrahlte Behauptung, es wären Babys in Israel geköpft worden, falsch ist. Und ich fragte, ob das ZDF den daraufhin getroffenen Holocaust-Vergleich in seiner Live-Schalte entsprechend kritisch einordnen will. Wo es doch Fake News waren. Und das ZDF hat sich nicht bereit erklärt, es zu korrigieren. Aber dazu machen wir noch einen eigenen Beitrag.
„Ahmad Omeirate sieht eine Strategie dahinter: Baé versuche bewusst von “wir” und “‘die’ zu sprechen, damit sich seine Social-Media-Community auch angesprochen fühle, so Omeirate. Und Baé ist offenbar erfolgreich mit seiner Strategie. 2021 gründete er mit “Itidal” ein eigenes Internetmedium, dass sich nach eigenen Angaben für “Mäßigung” und gegen “Panikmache” einsetzen will.“
Itidal ist sogar ein Buchverlag. Wir haben einen Bestseller verlegt. Und das trotz vieler Füchtigkeitsfehler drin! Was man nicht alles tut, um in Zeitnot die Hochzeit und die neue Wohnung finanzieren zu können. Also bitte, bisschen mehr Respekt vor unseren Errungenschaften. Aber das gehört wohl alles nicht zu meiner “Strategie”. Uh, Strategie. Ich bin mal wieder kein Mensch, sondern ein von langer Hand geplantes Projekt. Was den Rest angeht? Natürlich wieder Quatsch. Grundsätzlich spreche ich vom Wir. Nicht von „die“ und „wir“. Im Gegenteil, ich spreche dagegen. Schon 2021 schrieb ich:
Wie? Der Vorwurf gegen mich ist schon wieder das genaue Gegenteil von dem, was ich wirklich sage und bin? Wie kann das denn die ganze Zeit vorkommen? Hat das ZDF hier etwa schlecht gearbeitet? Oder überhaupt nicht gearbeitet? Oder ist das Bedienen antimuslimischer Verschwörungstheorien am Ende wichtiger als das banale Detail der Richtigkeit?
„Auf einer Crowdfunding-Plattform wird Baé inzwischen von über 1.100 Personen mit Beträgen in unbekannter Höhe finanziell unterstützt. “Du bist einer der wenigen, die die Wahrheit schreiben”, kommentiert eine Unterstützerin.“
Immerhin ein netter Schlusssatz über mich. Der einzige Satz, in dem ich nicht als Schurke dargestellt werde. Und er stammt weder vom ZDF noch von seinen handerlesenen „Experten“. Danke, liebe Unterstützerin. Die Wahrheit ist, deine Zustimmung ist mir wichtiger als die Fürsprache durch ein ZDF, das so pervers schlechten und von antimuslimischem Rassismus durchtriebenen Unsinn verbreitet. Wie kann man das gelesen haben und nicht verstehen, warum man sich danach bestätigt fühlt, selbst für die eigenen Rechte einstehen zu müssen?
Ich habe jetzt viel darüber geschrieben, wer und was ich alles nicht bin. Eine Schande, dass ich das überhaupt muss. Eine noch größere Schande, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk, für den wir viel Geld zahlen, mich dazu genötigt hat. Ich habe diesen Text mit einer Mittelohrentzündung geschrieben. Und ich habe einen Harry Potter Filmabend mit meiner Frau verschieben müssen. Das kann ich nicht verzeihen!
So, das ZDF hat nun bis hier lesen und erleben müssen, wie eine ordentliche Filetierung aussieht. Und da fragt man sich natürlich, wie zum Geier konnte das rauskommen vor der Veröffentlichung? Hm, vielleicht habe ich ja nicht nur das. Aber heben wir uns das mal lieber auf.
Ich würde gerne mehr darüber sprechen, wer ich wirklich bin. Wer ich sein möchte. Was ich aus Fehlern gelernt habe. Was meine Hoffnungen sind. Und vor allem über Uns. Uns alle, die wir nur eine Aneinanderreihung von Assoziationsketten in gängigen Medien sind. In Wahrheit sind wir Menschen. Und ich knicke vor niemandem ein, der mir dieses Menschsein nicht zugestehen will.
Man muss uns nicht auf Distanz halten und öffentlich diskreditieren. Man kann miteinander sprechen. Ich bin kein Monster. Wirklich nicht. Ich tu niemandem etwas. Man kann sich hinsetzen und Tee trinken. Man kann miteinander streiten. Man kann einander Neues beibringen. Aber solche perversen Angriffe sind eine extreme Eskalation. Völlig unnötig.
Ich soll diskreditiert werden. Ich soll nicht nur nicht als Journalist akzeptiert werden, sondern überhaupt nicht von der Gesellschaft akzeptiert werden. Das ist struktureller Rassismus. Ich gehöre aktuell zu den fünf reichweitenstärksten Journalisten in unserem Land. Dieser Angriff ist keine Kleinigkeit. Es ist der Versuch, kritische Stimmen, die aus Minderheiten-Communitys kommen, mundtot zu machen. Hiernach gibt es keinen Vorwurf gegen mich, nein, der Vorwurf ist ein harter und berechtigter Vorwurf gegen das ZDF. Wir sind Menschen. Menschen mit Rechten. Wir erkämpfen uns diese in unserem Grundgesetz garantierten Rechte.
Wir bringen Menschlichkeit zurück in den Mainstream. Ob ihr wollt oder nicht. Zieht euch warm an.
Da das hier ein – ich möchte jetzt schon meinen – wichtiger Beitrag zu Pressefreiheit ist, möchte ich den Beitrag den Journalistinnen und Journalisten in Gaza widmen. Sie sind der neue, großartige Maßstab des Journalismus. Ohne sie würde die Welt noch weniger von dem Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung im Zuge des israelischen Vernichtungskriegs gegen Gaza hören.
Übrigens: Ihr könnt dem ZDF unter zuschauerservice@zdf-service.de mitteilen, wie ihr das findet. Das ZDF muss eure Anliegen bearbeiten. Immerhin zahlt ihr für deren Jobs.