Endlich Waffenruhe in Gaza. Es ist endlich so weit und ja, es ist wahr. Ab Sonntag tritt der Deal in Kraft. Er soll von Ägypten, den USA und Katar, die ihn aushandelten, überwacht werden
Nach 467 Tagen Genozid stimmt Israel endlich zu.
Der Deal, der in drei Phasen unterteilt ist, kurz:
Phase 1: Israels Beschuss Gazas endet. Schrittweise lässt Hamas israelische Geiseln frei und Israel lässt palästinensische Geiseln frei. Mindestens 340 Kinder wurden in israelische Gefangenenlager verschleppt. 600 LKWs mit internationale humanitärer Hilfe sollen jeden Tag Gaza erreichen.
Phase 2: Beginnt nach 42 Tagen. Die letzten Geiseln werden ausgetauscht. Israel zieht sich von der ägyptischen Grenze zurück. Endgültige Waffenruhe wird beschlossen.
Phase 3: Israel hat seine Truppen aus dem gesamten Gazastreifen abgezogen. Wiederaufbau Gazas beginnt.
Details zu Phase 1 (42 Tage):
Israel zieht sich aus zivilen Vierteln und speziell der Mitte Gazas zurück, behält aber Truppen in Gaza. Israel wird für zunächst 10 und dann 12 Stunden am Tag keine Drohnen mehr über Gaza fliegen.
Unter den 500 internationalen LKWs sollen auch 50 LKWs mit Treibstoff pro Tag sein, mit denen Elektrizität in Krankenhäusern und zivilen Einrichtungen wiederhergestellt werden soll.
Hamas lässt 33 israelische Geiseln frei. Für jeden israelischen Zivilisten lässt Israel 30 palästinensische Geiseln und Gefangene frei. Für jede israelische Soldatin lässt Israel 50 palästinensische Geiseln und Gefangene frei.
Jede Woche lässt die Hamas schrittweise Geiseln frei. Die Hamas wird Israel zum Ende der Phase alle lebenden Geiseln übergeben haben und genaue Zahlen über Geiseln bekanntgeben. Israel wird alle Frauen und Kinder unter 19 freilassen, die seit dem 7. Oktober 2023 verschleppt oder inhaftiert wurden.
Details zu Phase 2 und Phase 3:
Phase 2 (42 Tage): Die Aushandlung einer dauerhaften Waffenruhe beginnen am 16. Tag der ersten Phase und die dauerhafte Waffenruhe tritt mit Beginn von Phase 2 in Kraft.
Israel wird sich am 50. Tag des Deals von der Grenze Ägyptens zurückziehen. die israelische Armee benutzt dafür den Namen „Philadelphi-Korridor“, richtig ist Grenze Gazas zu Ägypten. Auch die restlichen israelischen Soldaten ziehen sich aus Gaza zurück.
Phase 3 (42 Tage):
Verstorbene Geiseln und Gefangene werden ausgetauscht.
Wiederaufbau Gazas beginnt.
Gazas Grenzübergänge werden geöffnet.
Die brennende Frage: Wie sicher ist es, dass die Waffenruhe hält?
Der israelische Sender Channel 12 berichtete Anfang Januar, Netanyahu habe gesagt, er würde selbst nach einen Deal über einen Geiselaustausch „wieder kämpfen“. Er fügt an, es mache keinen Sinn „etwas anderes vorzutäuschen“.
Auch der faschistische israelische Finanzminister Smotrich betonte, Netanyahu hätte ihm zugesichert, nach Phase 1 wieder militärisch in Gaza vorzugehen. Die Minister Smotrich und Ben-Gvir forderten zuletzt noch härtere Bombardierung Gazas.
Heißt das, es ist alles vergeblich? Nein. Ein Restrisiko besteht beim Vernichtungswahn des israelischen Regimes ohnehin. Aus katarischen Diplomatenkreisen heißt es aber, dass diese Bedenken Teil der Verhandlungen waren. Die USA hätten sich so wie Ägypten und Katar einer Überwachung zur Vermeidung solcher Szenarien verpflichtet. Ob man dem allein vertrauen kann? Die Menschen Gazas jedenfalls feiern.
Interessanter Hintergrund: Es sieht so aus, als wäre Donald Trump für den aktuellen Durchbruch mitverantwortlich. Die israelische Zeitung Haaretz berichtet, Trumps Beauftragter für Nahost, Steve Witkoff hätte Netanyahu am Samstag zu einem Einlenken gedrängt. Israel hatte sämtliche Deals zuvor einseitig abgelehnt.
Darüber, was Netanyahu im Gegenzug bekommt, wird schon länger spekuliert. Aus Trumps Team hört man, Trump könnte womöglich die illegale Annexion des palästinensischen Westjordanlands durch Israel anerkennen.
Auch soll es dafür weitere Normalisierungen zwischen Israel und Staaten in der Region geben.
Aber auch wichtig: Es ist der selbe Deal, der bereits im Mai von den USA (Biden-Regierung), Ägypten und Katar ausgehandelt und vorgelegt wurde. Israels Regierung lehnte den Deal, der auch auf Forderungen des israelischen Verhandlunsgsteams basierte, strikt ab. Deutsche Medien titelten dazu damals fälschlicherweise und desinformierend: Der Deal scheitere an Hamas.
Fassen wir zusammen:
Es ist ein Durchbruch und ein Grund zu feiern. Es ist absehbar, dass Israel die Waffenruhe bricht, wie Israel es mehrmals auch im Libanon tat. Aber, und das ist das entscheidende: Die Massaker und Vernichtung ganzer Wohnorte bleiben aus.
Jeder Tag mit weniger oder gar keinem Beschuss ist für die notleidenden Zivilisten ein Segen. Jede zusätzliche humanitäre Hilfe ist lebensrettend. Dass es überhaupt einen Durchbruch gab, lindert das Leid erheblich. Schon allein, weil es mit Hoffnung einhergeht.
Die massive Zerstörung Gazas und das Leid aller Menschen vor Ort sowie das der Geiseln wird durch keinen Deal jemals wiedergutzumachen sein. Hier geht es nicht um die Frage nach Gerechtigkeit. Diese ist vor allem juristischer Natur. Hier geht es schlichtweg erstmal ums Überleben. Und sollte der Deal auch nur brüchig voranschreiten und in die späteren Phasen übergehen können, ist das wichtig und richtig.
Also in bekannter Manier naiver Hoffnung: Gehen wir vom Besten aus und geben wir unser Bestes, das Schlimmste zu verhindern. Die Aufklärung, Kritik, Beobachtung und der Druck enden hier nicht.