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Home Kunst & Kultur

Wie Lehrer und Schüler Widerstand durch Wissen leisten Gaza: „Bomben haben unsere Schulen zerstört, aber nicht unseren Geist”

Von Mohammed El Baba
23.10.2025
in Kunst & Kultur
Wie Lehrer und Schüler Widerstand durch Wissen leisten  Gaza: „Bomben haben unsere Schulen zerstört, aber nicht unseren Geist”

Ein provisorisches Klassenzelt im Flüchtlingslager Bureij in Zentralgaza

Im Herzen von Gaza sitzen Kinder auf dem Boden in zerfetzten Nylon- und Stoffzelten. In einer neonfarbenen Kulisse durch die Farben der Zelte. Einige benutzen aufgestapelte Steine als provisorische Stühle. Einige sind barfuß, während andere ihre Füße mit warmem Sand bedecken, um sich vor der Kälte zu schützen. Sie halten Notizbücher in den Händen, die die Bombardierungen überstanden haben, mit zerrissenen und fleckigen Seiten und kurzen Bleistiften, die kaum lang genug sind, um einen einzigen Traum aufzuschreiben. Eine kleine weiße Tafel lehnt an einem zerbrochenen Stein. Der Lehrer schreibt mit müder Hand, während der Winterwind die Seiten umblättert und kleine Funken der Hoffnung löscht.

In dieser bescheidenen Ecke der Welt ist Lernen zu einem Akt des Widerstands geworden. Die Schule ist nicht mehr nur ein Weg zum Erfolg. Sie ist eine stille Erklärung, dass der Geist lebendig bleibt. Hier in Gaza, wo Bomben keinen Unterschied zwischen Schulen und Wohnhäusern machen, bestehen Kinder und Lehrer darauf, dass das Leben nicht besiegt werden kann. Worte sind stärker als Kugeln.

Seit Beginn der Aggression sind die Schulen zu stillen Ruinen geworden. Der UN zufolge wurden über 90 % der Schulen in Gaza beschädigt oder zerstört, und 352 Schulen wurden laut dem palästinensischen Bildungsministerium und der UN vollständig ausgelöscht. Selbst die verbleibenden Schulen sind nicht mehr für den Unterricht geeignet. Die Klassenzimmer sind voller vertriebener Familien, die eher nach Schutz als nach Schreibtischen suchen. Mehr als 785.000 Kinder sind ihrer Bildung beraubt, leben in Zelten und Notunterkünften und warten auf einen sicheren Moment, um ihren Unterricht fortsetzen zu können.

In einem Zelt im Zentrum von Gaza hält der Lehrer Abdullah, der bei einem Angriff auf einen Bildungskomplex seine Schule und seine Kollegen verloren hat, ein altes, mit Staub und Asche bedecktes Anwesenheitsbuch in den Händen.

„Früher habe ich jeden Morgen die Anwesenheit kontrolliert. Jetzt trage ich die Namen der Toten ein“, so Abdullah.

Seit Beginn des Krieges wurden mehr als 1.300 Lehrer und Schulmitarbeiter sowie rund 13.000 Schüler getötet. Einige kamen in Klassenzimmern ums Leben, andere waren gerade dabei, ihre Hausaufgaben zu erledigen, als eine Granate einschlug. Auch die Hochschulbildung hat gelitten. Große Universitäten wie die Islamische Universität, die Al-Azhar-Universität und die Al-Aqsa-Universität sind zu Trümmern geworden und haben die Träume Tausender Studenten zerstört, die Bildung als Weg zur Erlösung sahen. Keine einzige Universität in Gaza steht noch.

Dennoch bleibt der Wunsch zu lernen bestehen. In jedem Viertel, in jedem Zelt und in jeder zerstörten Ecke entsteht ein kleines neues Klassenzimmer. Die Menschen hier warten nicht auf den Wiederaufbau, sie beginnen selbst damit. Sie sammeln Plastikstücke und Steine, um kleine Sitze zu bauen. Sie verwenden Holzkohle statt Bleistifte. In einigen Zelten schreiben Kinder ihre Lektionen auf Pappwände. Nachts werden die Klassenzimmer von Kerzenlicht oder schwach aufgeladenen Mobiltelefonen beleuchtet.

Die Lehrerin Mariam, Mutter von fünf Kindern, die ihren Mann bei den Bombenangriffen verloren hat, sagt:

„Wir unterrichten heute, weil wir nicht wollen, dass die nächste Generation in Unwissenheit stirbt. Wenn wir die Schulen verlieren, verlieren wir nicht unseren Verstand.“

Im Sommer werden die Zelte aufgrund des fehlenden Schutzes vor der Sonne zu Backöfen. Die Kinder können nicht lange darin sitzen. Im Winter tropft Regen durch die zerrissenen Dächer und durchnässt ihre Hefte und Papiere. Dennoch lächeln sie, wenn der Unterricht beginnt, als würden sie durch Worte dem Krieg entfliehen.

Der zehnjährige Yamen schreibt auf ein zerrissenes Blatt:

„Ich möchte Lehrer werden wie mein Lehrer, denn ein Lehrer hat keine Angst.“

In ganz Gaza gibt es Geschichten wie die von Yamen. Schüler, die ihr Zuhause verloren haben, tragen ihre Hefte immer noch mit sich herum, als wären sie der Schlüssel zum Überleben. Einige lernen in den Trümmern ihrer alten Schulen und sitzen auf Steinen, die einst Schreibtische waren. Mütter sind zu Hause zu Lehrerinnen geworden und wiederholen mit ihren Kindern den Unterricht bei schwachem Licht oder am Handybildschirm. Bildung ist zu einer neuen Form der Resilienz geworden.

Die zwölfjährige Sara erzählt von ihrem Traum, Ingenieurin zu werden:

„Wenn ich meine Bücher aufschlage, habe ich das Gefühl, dass ich mich gegen alles wehre. Wissen hilft uns, trotz der Zerstörung den Kopf hochzuhalten.“

Inmitten all dieser Verwüstung bleibt der Glaube an Bildung stärker als alles andere. Lernen ist in Gaza nicht nur ein Mittel zum sozialen Aufstieg, sondern auch eine Waffe gegen die Verzweiflung und ein Werkzeug zum Überleben. Sie unterrichten in Zelten, weil sie glauben, dass diejenigen, die wissen, aufsteigen werden, und diejenigen, die unwissend bleiben, untergehen werden.

Die zwölfjährige Laila hebt selbstbewusst die Hand:

„Bomben haben unsere Schulen zerstört, aber nicht unseren Geist. Wir lernen, wieder aufzubauen.“

Die heutige Situation in Gaza ist nicht nur ein Bild des physischen Krieges – es ist ein Kampf um das Bewusstsein. Wenn Schulen bombardiert werden, geht es nicht nur darum, Gebäude zu zerstören, sondern auch darum, Erinnerungen auszulöschen und die Denk- und Schaffenskraft der nächsten Generation zu vernichten. Doch Gaza reagiert jeden Tag mit einer neuen Lektion, einem neuen Zelt und einem Stift, der nicht zerbrochen ist.

Manche Lehrer unterrichten mit ihrem Herzen, nicht mit ihren Werkzeugen. Herr Rami, der bei den Bombardierungen einen Arm verloren hat, sagt:

„Wenn ich mit meiner verbliebenen Hand an die Tafel schreibe, fühle ich mich siegreich. Bildung ist das Einzige, was sie nicht bombardieren können.“

In jedem Zelt hängen Poster über die Liebe zum Wissen und Kinderzeichnungen, die ihre Träume darstellen. Einige Schüler schreiben Kurzgeschichten über ihr tägliches Leben, über Schulen, die es nicht mehr gibt, und über die Zukunft, die sie mit ihren eigenen Händen aufbauen wollen.

Jede Szene hier ist ein Zeugnis dafür, dass Gaza nicht besiegt werden kann. In den Trümmern der Schulen werden die ersten Buchstaben einer neuen Zukunft geschrieben. In den Gesichtern der Kinder strahlt trotz Hunger und Angst Entschlossenheit. Und in jedem Zelt spürt man denselben Ruf: „Wir lieben Wissen.“

Die Bildung wird hier nicht fortgesetzt, weil die Umstände es zulassen, sondern weil die Menschen sich weigern, ohne Wissen zu leben. Selbst in den dunkelsten Momenten unterrichtet jemand in Gaza, schlägt ein Buch auf und träumt von einer neuen Schule, die aus den Trümmern entsteht.

Zwischen Trümmern und Rauch entsteht eine Generation, die weiß, dass ein Stift die Bombenangriffe vielleicht nicht aufhalten kann, aber dem Leben wieder einen Sinn gibt. So lehrt Gaza die Welt eine wichtige Lektion: Lernen ist hier kein Luxus, sondern Widerstand, und eine Schule, selbst ein zerfetztes Zelt, ist die erste Mauer, die nach jedem Krieg wieder aufgebaut werden muss.

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Mohammed El Baba

Mohammed El Baba

Mohammed El Baba ist ein 19 Jahre junger Autor aus Gaza. Inmitten des Genozids studierte er auf eigene Faust Journalismus und Englisch. Mehrfach vertrieben berichtet er für Itidal über den Alltag in Gaza.

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