Pirna, die sächsische Stadt, die in den düsteren 1940ern Schauplatz der Nazigrausamkeiten in einer Tötungsanstalt wurde, in der schätzungsweise 14.750 unschuldige Menschen ihr Leben ließen, wurde erneut Schauplatz eines alarmierenden politischen Wechsels. Am vergangenen Sonntag wählten die Bürger einen Kandidaten der rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) zum Bürgermeister. Dieser erschreckende Vorfall wirft ein grelles Licht auf die Fragilität der deutschen Erinnerungskultur und den scheinbar unzureichenden Widerstand gegen die zunehmenden Gefahren des Rechtsextremismus.
Hören wir nicht ständig die lauten Rufe „Nie wieder ist jetzt“, um israelische Kriegsverbrechen zu rechtfertigen? Dieser Appell scheint jedoch seine Dringlichkeit zu verlieren, wenn es um den realen, bedrohlichen und gegenwärtigen Aufstieg von Rechtsextremen in Deutschland geht. Die AFD feiert einen Wahlerfolg nach dem anderen. Es stellt sich die Frage: Was bedeutet Erinnerungskultur, wenn sie uns nicht dazu bringt, kollektiv aufzustehen und entschieden gegen den Vormarsch der Rechtsextremen vorzugehen? Wieso steht das Land nicht Kopf?
Die deutsche Politik und Gesellschaft scheinen sich mehr auf Selbstprofilierung zu konzentrieren als auf den echten, konsequenten Schutz von Minderheiten. Die extreme Solidarität mit Israel dient oft als Vorwand, um sich von Rassismusvorwürfen reinzuwaschen, ohne sich tatsächlich mit dem Kernproblem des Rassismus auseinanderzusetzen. Tatsächliche Erinnerungskultur würde dies voraussetzen. Währenddessen gewinnt die AfD kontinuierlich an Boden.
Man kann absolut sowohl mit israelischen Opfern solidarisch sein als auch gleichzeitig gegen die AfD kämpfen kann. Jedoch können israelische Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung im Gaza und gegen zivile Einrichtungen nicht verteidigt oder gerechtfertigt werden – ein Standpunkt, den paradoxerweise aber die AfD vertritt.
Darüber hinaus hat die israelische Kriegspropaganda in Deutschland oft zu Lasten von Minderheiten wie Palästinensern, Arabern und Muslimen gewirkt, was ihre Kriminalisierung und Stigmatisierung förderte – ganz im Sinne der AfD. Wir stehen somit vor einer erschreckenden Ironie: In einem Land, das sich dem “Nie wieder” verschrieben hat, gewinnen rechtsextreme Ideologien an Boden, während die Lehren aus der Vergangenheit in den Wind geschlagen zu werden scheinen.