In einer engen Ecke des Flüchtlingslagers Bureij im Zentrum Gazas sitzt Umm Muhammad vor einem provisorischen Ofen, der aus alten Metallresten gebaut wurde. Seit Jahren verhindert die Blockade die Versorgung mit Gas und Brennstoff und macht das tägliche Leben zu einem ständigen Kampf.
Sie nimmt eine zerrissene Plastiktüte, in der mal Brot lag, zündet sie mit einem Streichholz an, und dichter schwarzer Rauch steigt auf und umhüllt ihre Kinder ein, die auf ihr Essen warten.
„Wir haben kein Gas oder Brennholz, aber die Kinder müssen etwas essen”, sagt sie sanft.
Der Kunststoff, den sie verbrennt, stammt aus den Trümmern und Straßen: Flaschen, Einkaufstüten, alte Behälter, die irgendwann mal mit Wasser oder Lebensmitteln gefüllt waren. Jedes Stück, einst ein einfacher Gebrauchsgegenstand, ist nun die einzige Brennstoffquelle der Familie. „Ich sammle sie aus den Trümmern zerstörter Häuser“, sagt sie und sortiert einen kleinen Haufen neben sich.
Für Menschen außerhalb Gazas mag das keine Geschichte sein. Aber hier in Gaza ist das ein täglicher Beweis für menschliche Standhaftigkeit. Kochen ist keine alltägliche Routine mehr, es ist ein Kampf gegen Knappheit. Und gegen das Ersticken. Seit Beginn der Blockade wurden über 80 % der Gas- und Brennstoffvorräte in Gaza eingeschränkt, sodass Familien gezwungen sind, unsichere Materialien zum Kochen zu verbrennen. Der dichte, giftige Rauch füllt die Luft und macht jede Mahlzeit zu einem Gesundheitsrisiko. Ärzte warnen seit langem, dass beim Verbrennen von Plastik Giftstoffe freigesetzt werden, die mit Atemwegserkrankungen und Krebs in Verbindung gebracht werden. Das ist eine wachsende Krise in Gaza. Zumal Gazas einzige Krebsklinik durch Israels Krieg gegen Gaza zerstört wurde.
Vor dem Krieg führte Umm Muhammad ein einfaches Leben. Sie liebte es, freitags Maqluba zu kochen, dessen kräftiger Duft ihr Zuhause erfüllte, während ihre Kinder ungeduldigt am Tisch warteten. „Es roch nach Zuhause“, sagt sie mit weitem Blick. „Es gab Spaß, Licht und Strom. Jetzt gibt es nur noch Rauch.“
Als der Krieg begann, dachte sie, er würde nur ein paar Tage dauern. „Zuerst haben wir uns Gas von den Nachbarn geliehen“, erinnert sie sich. „Dann haben wir Brennholz verwendet. Aber als nichts mehr kam, hatte ich keine andere Wahl, als alles zu verbrennen, was ich finden konnte. Plastik, Kleidung, sogar alte Möbel.“ Die Veränderung sei schrittweise erfolgt, erklärt sie. „Es war nicht vom ersten Tag an so. Es geschah nach und nach, bis das Verbrennen von Plastik zur Normalität wurde.“
Die Nachbarschaft um sie herum ist leblos und verwüstet. Trümmer, zerbrochene Steine und zerrissene Stromkabel machen selbst die kleinsten Aufgaben, wie das Zubereiten einer Mahlzeit, anstrengend. Dennoch finden Frauen wie Umm Muhammad weiterhin Wege, um zu überleben, und verwandeln das, was nicht vorhanden ist, in Nahrung, trotz der Gesundheitsrisiken.
Sie zeigt erneut auf den Plastikstapel. „In dieser Tüte war Brot aus der Bäckerei. Jetzt hält sie meine Kinder ein zweites mal am Leben.“

Draußen rennen Kinder zwischen den Trümmern herum und spielen, ihr Lachen hallt durch die Trostlosigkeit. Drinnen wachen ihre Mütter über kleine Flammen, verwandeln Plastik in Nahrung und verteidigen das Recht ihrer Kinder, einen weiteren Tag zu leben.
Jeder schwarze Rauchschwaden steigt wie eine stille Erklärung auf: Das Leben geht weiter, und die Hoffnung bleibt bestehen. Das Zelt ist mehr als nur ein Kochplatz, es ist ein kleines Schlachtfeld gegen Hunger und Verzweiflung, ein lebendiges Zeugnis für Geduld und Ausdauer.
Umm Muhammad sucht keine Anerkennung, doch ihre Taten sprechen für alle, die unter Belagerung leben. Ihre Geschichte erzählt, was politische Berichte oft übersehen: Gaza ist nicht nur eine Konfliktzone, es ist ein riesiger Haushalt, in dem täglich neue Hoffnung entfacht wird und Widerstandskraft in jede Mahlzeit eingebacken ist, selbst wenn diese Mahlzeiten Gefahren bergen.
Durch ihre einfachen Handlungen zeichnet Umm Muhammad die tägliche Geschichte Gazas auf und erzählt die Chroniken von menschlicher Standhaftigkeit, Ausdauer unter schwierigen Bedingungen und der unerschütterlichen Fähigkeit zu überleben. Ihr Feuer verbrennt nicht nur Plastik; es ist die Flamme des Lebenswillen, egal wie dunkel der Rauch auch werden mag.